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Kojich & Felder Reisen zur Kunst

Ein Wochenende in Tübingen, Bebenhausen und Maulbronn


Die Schweiz hat verloren. Das Sommermärchen war einen Tag zuvor auch für unsere baden-württembergischen Gastgeber zu Ende gegangen. Entsprechend der schlechten sportlichen Stimmung war auch das Wetter in Tübingen. Ein gutes Abendessen im Restaurant Caro's half der Stimmung auf die Sprünge. Eine ausgezeichnete Weinkarte und der vom Wirt Florian Walkert spendierte Grappa.

Tübingen hat uns trotz des Wetters

überzeugt. Seit 1477, dem Gründungsjahr der Universität, herrscht hier Universitätsstadtatmosphäre. Heute gibt es 7 Fakultäten und über 28.000 Studierende. Unser Kellner im Restaurant ein sympathischer Student mit wilden Locken. Unser "Matrose" auf der Barkasse ein Student der Betriebswirtschaft. Sehr geschickt und elegant kommt er zu seinem Trinkgeld. In ein paar Jahren ist er vielleicht ein Marketingexperte.




Die Stadt ist dank der Neckarfront sehr malerisch.

Die Stadt Tübingen erwarb ab dem 28. Mai 1433 verschiedene Häuser am Marktplatz, um diese abzureißen und ab 1435 das Tübinger Rathaus, als zweistöckigen Fachwerkbau, an deren Stelle zu erbauen. Ebenso farbenfroh ist ein anderes Haus aus der jüngeren Geschichte: Ein mit bunten Graffiti besprühtes Studentenwohnheim.

Dass es in Tübingen nicht immer so liberal zuging, versteht sich von selbst. Man erinnere sich nur an die Studienzeit des großen deutschen Dichters Friedrich Hölderlin, der das Evangelische Stift besuchte. Zu Hölderlins Zeiten war es so: Beim Essen musste geschwiegen werden, es wurde aus der Bibel vorgelesen und vor allem gepredigt. Die Stiftler mussten nämlich während des Essens ihre Predigtübungen machen. Das haben sie nicht in der Stiftskirche gemacht, sondern hier beim Essen.


Bebenhausen und Maulbronn - Kleinode des Mittelaters

Neben Tübingen hat unsere Reise noch zwei weitere Höhepunkte: Schloss und Kloster Bebenhausen und Kloster Maulbronn, beides einst berühmte Zisterzienserklöster, die mit der Reformation ihre Bedeutung verloren. Vor allem Maulbronn beeindruckt. Die Wir halten am Hauptportal der Maulbronner Klosterkirche und den ältesten datierbaren Türen Deutschlands. Das zweiflügelige Hauptportal aus Tannenholz gehört zur Originalausstattung der Kirche von 1178 und besitzt kunstvoll gearbeitete schmiedeeiserne Zierbeschläge.



In der Klosterkirche, dem Kreuzgang und den beiden Refektorien (Herren- und Leienrefektorium) entdecken wir viele schöne Originalbeispiele der Baugeschichte und verfolgen den Übergang von der Frühromanik zur Hochgotik. Weitere Informationen zum KLoster Maulbronn finden Sie unserem Blog zum Kloster hier.


Ebenso spannend ist die Klostergeschichte, die von der Entstehung des Klosters, seinen Äbten und berühmten Persönlichkeiten erzählt, die in der im 16. Jahrhundert gegründeten Klosterschule die Schulbank drückten. Das Gedicht "Im Maulbronner Kreuzgang" schrieb Hermann Hesse, ebenfalls ein ehemaliger Schüler der Klosterschule, 1914, ein Vierteljahrhundert nach seiner Flucht aus dem Priesterseminar, als er zu einem Besuch nach Maulbronn zurückkehrte.





 

Verzaubert in der Jugend grünem Tale

Steh ich am moosigen Säulenschaft gelehn

Und horche, wie in seiner grünen Schale

Der Brunnen klingend die Gewölbe dehnt.


Und alles ist so schön und still geblieben.

Nur ich ward älter, und die Leidenschaft,

Der Seele dunkler Quell in Haß und Lieben,

Strömt nicht mehr in der alten wilden Kraft.


Hier ward mein erster Jugendtraum zunichte.

An schlecht verheilter Wunde litt ich lang.

Nun liegt er fern und ward zum Traumgesichte

Und wird in guter Stunde zum Gesang.

Die Seele, die nach Ewigkeit begehrte,

Trägt nun Vergänglichkeit als liebe Last

Und ist auf der erspürten Jugendfährte

Noch einmal still und ohne Groll zu Gast.



Nun singet, Wasser, tief in eurer Schale.

Mir ward das Leben längst ein flüchtig Kleid.

Nun tummle, Jugend, dich in meinem Tale

nd labe Dich am Traum der Ewigkeit!



 



Das von Hesse beschriebene Brunnenhaus mit seinen drei Schalen diente den Mönchen zur Reinigung, zur rituellen Waschung und zum Schneiden der Tonsuren. Das Brunnenhaus erhielt sein frisches Wasser aus Bergquellen nördlich des Klosters. Der Hessebrunnen ist heute stillgelegt: Im Kreuzgang des Klosters findet heute Abend ein Konzert statt. Eine Trompete übt eifrig die Tonleiter. Einmal hoch, einmal runter, dann wieder hoch.





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