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Herbstreise zu den Kulturschätzen Lothringens, Nordrhein-Westfalens und Rheinland-Pfalz

  • Kojich & Felder Reisen zur Kunst
  • vor 2 Tagen
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 9 Stunden

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Metz – Das Deutsche Tor


„Deutsches Tor“ heißt dieses alte Foto aus den frühen Jahren des letzten Jahrhunderts – einer Zeit, in der Metz nach dem Krieg von 1871 als Hauptstadt Lothringens zur deutschen Stadt geworden war. Nur wenige Jahre später sollte Metz tatsächlich zu einem strategischen, militärischen Tor Deutschlands werden – und zugleich in die Architekturgeschichte eingehen. Unter Kaiser Wilhelm II. entstand zwischen 1905 und 1908 der neue Bahnhof von Metz, errichtet im neoromanischen Stil. Schon in seiner Planung dachte man an den nächsten Krieg: Bis zu 20.000 Soldaten sollten sich über diesen Bahnhof in Richtung Paris transportieren lassen.


Im sogenannten Imperialen Saal, dem repräsentativen Teil des Gebäudes, ist die kaiserliche Präsenz bis heute spürbar – besonders in den farbigen Glasfenstern, die Karl den Großen zeigen. Man sagt, die Augen des Karls seien die Augen des Kaisers.

Ein freundlicher Mitarbeiter der SNCF öffnet uns die Tür zum Saal. Heute gilt der Gare de Metz-Ville als einer der schönsten Bahnhöfe Frankreichs – ein Monument zwischen Macht, Geschichte und Ästhetik.


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In unmittelbarer Nähe des Bahnhofs befindet sich das Centre Pompidou-Metz, das wie das Pariser Museum der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts gewidmet ist. Das 2010 eröffnete Centre Pompidou-Metz (Architekten: Shigeru Ban und Jean de Gastines) ist ein herausragendes Beispiel zeitgenössischer Architektur. Sein markantes Dach aus Holz und Membranen erinnert an ein geflochtenes asiatisches Bambushut und symbolisiert Offenheit und Bewegung. Das Gebäude ist lichtdurchflutet und flexibel, um moderne Kunst in ständig wechselnden Formen zu präsentieren.


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Bis zum 2. Februar 2026 zeigt das Centre Pompidou-Metz in einem seiner drei Säle die Ausstellung „Copistes”. Vom 18. bis ins 20. Jahrhundert war der Louvre eine Art „Freiluft-Akademie“, in der angehende Künstler berühmte Gemälde kopierten, um Technik, Komposition und Farbe zu studieren. Degas kopierte Werke von Ingres und Holbein. Cézanne kopierte im Louvre Werke von Rubens, Delacroix und Poussin. Nun hatte das Louvre die Idee, über 100 junge und etablierte Künstler einzuladen, um in relativ kurzer Zeit ein Meisterwerk aus der Louvre-Sammlung zu kopieren und zu interpretieren – sei es in Form, Inhalt oder beidem.



Jeff Koons Kopie / Interpretation vom Borghese Hermaphroditen
Jeff Koons Kopie / Interpretation vom Borghese Hermaphroditen

Dhewadi Hadjab nach dem Tod Marats von Jacques-Louis David
Dhewadi Hadjab nach dem Tod Marats von Jacques-Louis David

Der zweite Tag der Reise begrüsst uns mit prächtigen Wetter und einer Einladung zum Spaziergang entlang des Wasserkanals dem „Bras de la Moselle“ . Da spiegelt sich die protestantische Kirche Temple Neuf im klaren Wasser. Auch die Natur kann wunderbar kopieren.


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Wenn man die Pont Saint-Marcel überquert, gelangt man ins Zentrum des alten Metz. Mit seinen verschachtelten Straßen und seinem mittelalterlichen Stadtbild bildet es einen Gegenpol zum deutsch geprägten Quartier Imperial. Hier befindet sich die Kathedrale der Stadt, die St.-Etienne-Kirche, die zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert errichtet wurde. Sie ist besonders bekannt für ihre riesigen Glasfenster, die zu den größten Europas gehören. Mit ihren hohen Spitzbögen, filigranen Strebepfeilern und ihrer majestätischen Vertikalität vermittelt die Kathedrale Erhabenheit und bildet das kulturelle und spirituelle Zentrum der Stadt.


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Die Fenster stammen aus dem Mittelalter sowie aus dem 20. Jahrhundert. Zu den bekanntesten gehört eine Serie von Fenstern des Künstlers Marc Chagall, die 1976 eingebaut wurden. Sie fügen sich harmonisch in das gotische Gesamtbild ein und bringen eine zeitgenössische künstlerische Perspektive in die historische Kirche.


Eine Biblische Szene interpretiert von Mac Chagall
Eine Biblische Szene interpretiert von Mac Chagall

Von Metz nach Aachen über Liecthenstein


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Unser nächstes Reiseziel liegt im Fürstentum Liechtenstein: die Fotosammlung „The Family of Man“ im Schloss Clairvoix. Am Abend werden wir in Aachen ankommen. Deshalb verabschieden wir uns von Metz mit einem feinen französischen Mittagessen im Domaine de la Grange aux Ormes, einem historischen ehemaligen Château nahe Metz, das heute als Restaurant genutzt wird. Als Vorspeise gibt es Foie gras de canard maison, Chutney de figues et brioche feuilletée. Auf Deutsch: lecker. Dazu wird uns der leicht süßliche Muscat Sauvignon Blanc serviert.

Nach dem langen Mittagessen ging es weiter durch die Landschaften Lothringens, die uns in ihrem perfekten Herbstgewand empfingen. Wir verließen die Autobahn, um die vom berühmten amerikanischen Fotografen Edward Steichen kuratierte Fotoausstellung zu besichtigen. Wir entdeckten auch einige Werke des Schweizer Fotografen Robert Frank. Außerdem waren Werke von Cartier-Bresson, Dorothea Lange, Edward Watson und vielen anderen Koryphäen der Fotografie des 20. Jahrhunderts zu sehen. Die Ausstellung wurde erstmals 1956 im Museum of Modern Art (MoMA) gezeigt.


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ein zur Landschaft und unserer Stimmung passendes Bild von W. Eugene Smith.
ein zur Landschaft und unserer Stimmung passendes Bild von W. Eugene Smith.

Aachen: zwischen Traum und Wirklichkeit


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Die Stadt Aachen zeigt ein deutliches Doppelgesicht. Im historischen Zentrum mit dem Dom, dem Granusturm und dem Rathaus spürt man die glanzvolle mittelalterliche Vergangenheit: Karl der Große wirkte hier, und im Dom wurden etwa 30 deutsche Könige gekrönt. Doch dieses stolze Erbe wird von der oft lieblosen Nachkriegsarchitektur eingerahmt, und moderne Fassaden mit großen Werbeplakaten für Aldi, Rossmann oder Rewe stören das städtebauliche Bild zusätzlich. Der Kontrast zwischen historischer Pracht und funktionaler Moderne ist deutlich spürbar und macht die Stadt zugleich faszinierend wie widersprüchlich.


Das Oktagon des Aachner Doms
Das Oktagon des Aachner Doms

Wir sind jedoch nicht wegen des deutschen Nachkriegszeit-Urbanismus in Aachen, sondern wegen des Doms – genauer gesagt wegen seines ursprünglichen Baukerns, des Oktogons. Dieser Bau atmet europäische Geschichte. Er bildet das Herz der um 800 n. Chr. errichteten ehemaligen Pfalzkapelle Karls des Großen. Der achteckige Zentralbau, umgeben von einem sechzehneckigen Umgang, gilt als eines der bedeutendsten Werke der karolingischen Renaissance und als Symbol kaiserlicher Macht. Im Inneren beeindrucken die klare Geometrie, die mächtigen Säulen aus antikem Marmor und die schlichte Erhabenheit des Raumes. Eine kleine Enttäuschung bleibt jedoch: Die prächtigen Mosaiken der Kuppel stammen nicht aus karolingischer Zeit, sondern wurden unter Kaiser Wilhelm II. erneuert. Und doch katapultiert einen dieser Bau unmittelbar zurück in die Zeit des Herrschers, der sich am Weihnachtstag des Jahres 800 in Rom von Papst Leo III. zum Kaiser erheben ließ.


Im Obergeschoss des Oktogons, also auf der Empore der Pfalzkapelle, befindet sich Karls Thron. Seine heutige Form und Anordnung entsprechen weitgehend dem karolingischen Originalzustand. Lediglich einige kleine Reparaturen und Sicherungen wurden im Laufe der Jahrhunderte vorgenommen, um den Thron zu erhalten. Von der Empore aus konnte Karl der Große während der Messe auf den Altar blicken – ein bewusst gewähltes Symbol seiner von Gott verliehenen Herrschaft.
Im Obergeschoss des Oktogons, also auf der Empore der Pfalzkapelle, befindet sich Karls Thron. Seine heutige Form und Anordnung entsprechen weitgehend dem karolingischen Originalzustand. Lediglich einige kleine Reparaturen und Sicherungen wurden im Laufe der Jahrhunderte vorgenommen, um den Thron zu erhalten. Von der Empore aus konnte Karl der Große während der Messe auf den Altar blicken – ein bewusst gewähltes Symbol seiner von Gott verliehenen Herrschaft.
Der Karlsschrein ist ein prächtiger, vergoldeter Reliquienschrein, in dem sich seit dem 13. Jahrhundert die Gebeine Karls des Großen befinden sollen. Er steht im Hochchor des Doms hinter dem Hauptaltar.
Der Karlsschrein ist ein prächtiger, vergoldeter Reliquienschrein, in dem sich seit dem 13. Jahrhundert die Gebeine Karls des Großen befinden sollen. Er steht im Hochchor des Doms hinter dem Hauptaltar.

Karl ist in Aachen überall präsent. In der Lobby unseres Hotels, in Schaufenstern, in Karl's Kaffee und leider auch in Form eines riesigen, aufblasbaren Kaiser-Karls-Prints, der hinter dem Rathaus geduldig auf den bald beginnenden Weihnachtsmarkt schaut.
Karl ist in Aachen überall präsent. In der Lobby unseres Hotels, in Schaufenstern, in Karl's Kaffee und leider auch in Form eines riesigen, aufblasbaren Kaiser-Karls-Prints, der hinter dem Rathaus geduldig auf den bald beginnenden Weihnachtsmarkt schaut.

Ein architektonischer Kontrapunkt zum Aachener Dom – die Bruder-Klaus-Kapelle


Nach der Erhabenheit des Aachener Doms erleben wir am Nachmittag einen erstaunlichen Kontrast. Verlässt man die Kölner Autobahn, erreicht man nach etwa einer Stunde Fahrt von Aachen eine unscheinbare, landwirtschaftlich geprägte Gegend. Nach weiteren fünfzehn Minuten taucht ein kleiner Weiler auf – Mechernich. Seit 2007 ist dieses 500-Seelen-Dorf zu einem Pilgerort für Liebhaber moderner Architektur geworden. Hier errichtete der Schweizer Architekt Peter Zumthor im Auftrag des Landwirte-Ehepaars Hermann-Josef und Trudel Scheidtweiler die Bruder-Klaus-Feldkapelle, gewidmet dem Mystiker Nikolaus von Flüe. Die Kapelle wirkt wie ein Rufzeichen in der stillen Landschaft, die selbst kaum Akzente setzt: Weite Felder, die im Sommer rapsgelb sind, sind an diesem Novembertag noch immer grün. Sanfte Hügel ziehen sich unauffällig am Horizont unter dem bleigrauen Himmel entlang.


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An der Westfassade des Fünfecks befindet sich eine Eisentür in Dreiecksform, die die nach oben hin schmaler werdende Silhouette des Baus betont. Die zeltartige Struktur der Kapelle wird jedoch erst im Inneren deutlich sichtbar. Für die Verschalung dieser Zeltform wurden 112 Fichtenstämme aus der Umgebung verwendet. Die Baumaterialien – Kies und Sand aus der Eifel – verleihen dem Beton seine erdige, warme Farbe und verbinden die Kapelle fest mit der Landschaft, aus der sie entstanden ist.


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Die 112 Fichten, die als Schalung dienten, haben ihre Spuren im Stampfbeton hinterlassen. Im Inneren sieht man keine glatten Wände, sondern senkrecht aufsteigende Rillen, die an die Kanneluren griechischer Säulen erinnern. „Dekoriert“ – sofern man bei Zumthor überhaupt von Dekoration sprechen kann – sind sie mit gläsernen Halbkugeln, die wie große Tränen den Blick nach oben zum offenen Dach, das Sonne, Regen und Schnee ausgesetzt ist, leiten. Das Auge gewöhnt sich schnell an die Dunkelheit des sakralen Raumes. Kerzen brennen neben einer kleinen Bank, auf der man sich in die Stille versenken kann. Vergeblich sucht man einen Altar – und doch vermisst man ihn nicht. Blick und Geist finden im Raum selbst ihre Ruhe und ihre Erfüllung.

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Trier


Wir sind nach Trier gereist, um die Landesausstellung Marcus Aurelius – der Kaiser, Krieger und "Bestsellerautor" zu besuchen – und natürlich auch wegen des reichen römischen Erbes der Stadt. Die Ausstellung hat uns mit wertvollen Exponaten aus dem Louvre und den Musei Vaticani überzeugt, auch wenn sie stellenweise etwas didaktisch wirkt. Das liegt jedoch in der Natur von Landesausstellungen. Bis letzte Woche haben bereits rund 100.000 Besucherinnen und Besucher die Schau gesehen.


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Marcus Aurelius war ein römischer Kaiser und Philosoph, der von 161 bis 180 n. Chr. regierte. Er wird als der letzte der sogenannten „guten Kaiser“ angesehen, die das Römische Reich in eine Zeit relativen Friedens und Stabilität führten (Pax Romana). Aurelius war einer der bedeutendsten Vertreter der stoischen Philosophie. In seinen „Selbstbetrachtungen” (auch „Meditationen” genannt) reflektierte er über Tugend, Pflichterfüllung, Vergänglichkeit und innere Ruhe. Trotz zahlreicher Krisen während seiner Herrschaft – darunter Kriege und Seuchen – blieb er dem Ideal des weisen und gerechten Herrschers treu. Er wird oft als „Philosophenkaiser” bezeichnet, da er Macht mit Bescheidenheit und philosophischer Selbstdisziplin verband. Man sollte jedoch kein falsches Bild gewinnen: Ein Weichei war Marcus Aurelius ganz bestimmt nicht. Während seiner Herrschaft sah er sich massiven Bedrohungen an der Nordgrenze in Form der Markomannen- und Quadenkriege ausgesetzt. Trotz Seuchen, Aufständen und persönlichem Leid führte er seine Truppen mit eiserner Disziplin und Pflichttreue.


junger Marcus Aurelius, Marmor, um 140 n. Chr. , Musei Capitolini Rom
junger Marcus Aurelius, Marmor, um 140 n. Chr. , Musei Capitolini Rom

Sein Lebenswerk, die „Meditationen“, spiegelt die stoische Philosophie und Weisheit eines Kaisers wider – und wurde in der viktorianischen Zeit zum Bestseller. Voltaire nannte Marcus Aurelius den „ersten Kaiser unter Philosophen“, Friedrich II. einen „anbetungswürdigen Helden“. Selbst der deutsche Altkanzler Helmut Schmidt bekam zur Konfirmation eine Kopie der Meditationen geschenkt – und trug sie mit sich, als er als junger Offizier an die Ostfront geschickt wurde (NZZ).

Was viele nicht wissen: Einen großen Teil der zwölf Bücher schrieb Marcus Aurelius während seiner militärischen Feldzüge, mitten im Lager, zwischen strategischen Besprechungen und den Strapazen der Kriegszüge. Diese Gedanken, in Krieg und Pflicht geformt, verleihen den Meditationen eine unmittelbare, fast intime Kraft, die bis heute beeindruckt.


Marc Aurel als Feldherr. Dieses Porträt zählt zu den wenigen erhaltenen Bronzebildnissen des Kaisers. Sie wurde nach dem bekannten Reitebstatue am Campidoglio in Rom gamacht.
Marc Aurel als Feldherr. Dieses Porträt zählt zu den wenigen erhaltenen Bronzebildnissen des Kaisers. Sie wurde nach dem bekannten Reitebstatue am Campidoglio in Rom gamacht.

„Alles vergeht, bald wirst du vergessen sein, und es wird niemanden mehr geben, der sich an dich erinnert.“ Mit diesen Worten fordert uns der Kaiser auf, im Hier und Jetzt zu leben, unsere Arbeit mit voller Hingabe zu verrichten und jeden Tag zu leben, als sei es der letzte. Ein Gedanke, dem auch wir gerne zustimmen: Zum Mittagessen kehren wir in die Weinwirtschaft Friedrich Wilhelm am Weberbach 75 ein – absolut empfehlenswert www.weinwirtschaft-fw.de. Wir genießen einen aromatischen Boeuf Bourguignon, begleitet von edlen Tropfen des Winzers. Ganz so stoisch wie Marcus Aurelius sind wir dabei natürlich nicht – und das scheint niemanden zu stören.


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Anschließend steht noch einiges auf unserem Programm: die Konstantin-Basilika und die Porta Nigra. Trier zeigt sich hier nicht nur im Geist des Philosophenkaisers, sondern beeindruckt in jeder Ecke mit seinem reichen römischen Erbe.




 
 
 

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